Dokumentation Generationendialog: Beteiligung für Jung und Alt

Am 2. November 2023 fand der zweite Generationendialog des Programmverbundes Stark im Land statt. Unter dem Motto „Generationen verbinden – Beteiligung von Jung und Alt“ lud die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung Interessierte jeden Alters zum Austausch und Vernetzen in den Schlachthof in Stollberg/Erzgebirge ein. Anknüpfend an die Erfahrungen des ersten Generationendialogs stand, neben der Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen, auch dieses Mal das Kennenlernen wirksamer Formate und konkreter Beispiele aus der Praxis für eine gelingende Beteiligung aller Generationen im Mittelpunkt. Denn es steht fest: Die verschiedenen Generationen brauchen einander und profitieren voneinander! Teilhabemöglichkeiten, die sich auf die Beteiligung von jungen Menschen konzentrieren und gleichzeitig eine generationsübergreifende Zusammenarbeit fördern, sind von großer Bedeutung für eine zukunftsfähige Gesellschaft.

Doch wie kann das Miteinander der Generationen gestaltet werden? Und welche Chancen bringt das Engagement den Engagierten und den Kommunen? Diese Fragen und vieles mehr galt es, an diesem Nachmittag in den Fokus zu nehmen.

Die Veranstaltung, durch die Tobias Heinemann als Moderator führte, startete mit Grußworten von Josefine Paul, Leitung der Programme Jugend bewegt Kommune und Landheldinnen, sowie einer kurzen Vorstellung des heutigen Programms.

Impuls: Weil wir uns brauchen! Generationenbesonderheiten und Generationenunterschiede in entgrenzten Zeiten

Den inhaltlichen Einstieg machte Prof. Dr. Michel Constantin Hille von der Hochschule Zittau/Görlitz. Er ging zunächst auf Familie in unserer Gesellschaft ein: Während früher die Familie als Sozialisationsinstanz galt, gibt es heute auch andere Instanzen. Weiterhin wird der Wunsch, sich außerhalb der Familie zu organisieren, heute nicht mehr in der Kirche, sondern eher in anderen Gruppen wie Vereinen oder innerhalb von Freundschaften, erfüllt. Prof. Dr. Hille sprach zudem über den Auftrag von Mehrgenerationenarbeit: Die Mehrgenerationenarbeit sollte die heute nicht mehr gegebene Leidensfähigkeit der Individuen abfedern. Weil auch die Familie vieles weniger gut bewältigen kann, erhält die Mehrgenerationenarbeit eine andere Gewichtung: Es ist daher wichtig, sich bei der Mehrgenerationenarbeit auch mit aktuellen Themen der Generationen auseinanderzusetzen. Prof. Dr. Hille betont, dass die Community viel Gestaltungskraft habe. Weiterhin seien Impulse aus lokalen Gruppen wie Vereinen wichtig, die häufig positivere Erfahrungen schaffen als großflächiger gedachte Kollektiverfahrungen.

Nach dem Impuls von Prof. Dr. Hille waren sich alle einig: Selbstvertrauen ist wichtig – wer Selbstwirksamkeit erfahren hat, der bleibt aktiv und engagiert sich.

Worldcafé mit den Fokusthemen Beteiligung für Jung und Alt sowie (Jugend-)Beteiligung in ländlichen Räumen

Nach dem Impuls von Prof. Dr. Hille ging es in den Austausch: Mit der Methode Worldcafé konnten die Teilnehmenden zu Fokusthemen, zu denen Speaker:innen jeweils kurze Impulse gaben, ins Gespräch kommen. Die Teilnehmenden konnten nach Ablauf einer festgelegten Zeit die Thementische wechseln.

Beim Fokusthema „Beteiligung für Jung und Alt“ gaben Susann Rüthrich (Kinder- und Jugendbeauftragte des Freistaats Sachsen) und Dr. Alexandra Takats (Team Generation in der Kulturhauptstadt Europas Chemnitz 2025 GmbH) kurze Impulse.

Beim Fokusthema „(Jugend-)Beteiligung in ländlichen Räumen“ waren Samantha Uhlig (Flexibles Jugendmanagement Erzgebirge), Sylvia Schlicke (Quartiersmanagerin Thalheim/Erzgebirge), Frederike Bremer (Koordinatorin für Vernetzung und bürgerschaftliches Engagement im ländlichen Raum, Gemeinde Erlau und Region) und Sina Bonitz (Leiterin des Mehrgenerationenhauses Zwönitz und Vorstandsmitglied der sächsischen Mehrgenerationenhäuser) als Speaker:innen dabei.

Welche Vorteile und Chancen bietet die Mehrgenerationenarbeit? 
Welche entscheidenden Faktoren tragen zum Erfolg der Mehrgenerationenarbeit bei? 
Welche Hürden und Herausforderungen bestehen bei der Umsetzung von Mehrgenerationenarbeit? 

Diese Leitfragen rahmten den Austausch an den Thementischen. Die Teilnehmenden diskutierten miteinander und brachten ihre Meinungen und Erfahrungen ein.

Welche Vorteile und Chancen bietet die Mehrgenerationenarbeit?

Dass sich die Generationen gegenseitig wahrnehmen, sich kennenlernen; voneinander zu lernen – junge Leute können gut organisieren, Ältere sind beharrlich und haben Erfahrung; frühzeitig Verantwortung teilen, damit der Ort heute und auch morgen aktive Menschen hat: Das sind einige der Antworten und Erfahrungswerte auf die Frage nach Vorteilen und Chancen.

Welche entscheidenden Faktoren tragen zum Erfolg der Mehrgenerationenarbeit bei?

Hier wurden in intensiver Diskussion zahlreiche Faktoren zusammengetragen, die zum Erfolg der Mehrgenerationenarbeit beitragen oder beitragen können. Aktiv werden und Menschen dabei helfen, in die Aktivität zu kommen – „machen statt meckern“ – wurde mehrfach genannt. Auch die Zugänge waren ein wichtiges Thema: Breite Informationen der Bürger:innen, unterschiedliche Zugänge, Niedrigschwelligkeit – mit unterschiedlichen Formaten werden unterschiedliche Menschen gelockt und erreicht. Weiter wurde betont, dass es nicht nur Satzungen und Richtlinien, sondern Menschen und Anlaufstellen für die Umsetzung braucht. Hier kam der Wunsch nach einer Schnittstelle zwischen Stadt und Bürger:innen auf – eine Art Ansprechpartner:in bei jeder Zielgruppe. Gemeinsame Räume, generationenübergreifende Ideen, gemeinsam etwas aufzubauen: Auch diese Faktoren können zum Erfolg beitragen. Aber auch Lokalität spielt bei der Gestaltung von Orten eine tragende Rolle. Das großflächige Denken bspw. in Landkreisen wird dabei eher als hinderlich angesehen. Lokale Communities hingegen haben eine größere Gestaltungskraft. Und zu guter Letzt ist gegenseitiges Vertrauen, sowohl in ältere als auch junge Menschen, ein Erfolgsgarant.

Welche Hürden und Herausforderungen bestehen bei der Umsetzung von Mehrgenerationenarbeit?

Jugendliche sind die zahlenmäßige Minderheit und häufig auch in Vereinen unterrepräsentiert. Eine Herausforderung dabei besteht darin, wie man an die Jugendlichen herantreten kann. Weiterhin werden häufig – bei allen Altersgruppen – lieber geschlossene Formate wahrgenommen, was eine Erreichung aller Altersgruppen erschwert. Wichtig ist es, gemeinsame Bedürfnisse und Interessen zu finden: Teilnehmende berichteten von gut funktionierender Zusammenarbeit in Bau- oder Renovierungsprojekten, die gut angeleitet waren und bei den Menschen gemeinsame Bedürfnisse trafen. Eine weitere Herausforderung ist die Projektförderung, häufig über 1-2 Jahre, mit ggf. Leitungs- oder Personalwechseln, was einen Beziehungsaufbau erschwert. Hier ist eine Änderung der Förderlandschaft hin zur Prozessförderung notwendig.

Reflexion, Zusammenfassung und Ausblick

Als zentrale Herausforderung von Mehrgenerationenarbeit wurde die Erreichbarkeit aller Generationen genannt. Jugendliche benötigen eine andere Ansprache, einen anderen Zugang als ältere Menschen. Auch nutzen die verschiedenen Generationen lieber geschlossene Formate, welche explizit auf die jeweilige Zielgruppe zugeschnitten sind. Dies führt jedoch zu einem Nebeneinander statt zu einem Miteinander. Daher gilt es, Instanzen für Jung und Alt zu schaffen. Gemeinsame Bedürfnisse verbinden Menschen aller Generationen. Intergenerative Arbeit braucht dabei Kontinuität, aber auch Mut zur Innovation. Auch wurde immer wieder betont, wie wichtig Beziehungsarbeit für eine gelingende Beteiligung von Jung und Alt ist. Als zentrale Erkenntnis und Forderung kristallisierte sich die Umgestaltung der Förderlandschaft heraus, hin zu einer Prozessförderung. So können nicht nur generationenverbindende Projekte und Vorhaben erfolgreich und langfristig umgesetzt werden.

Der Generationendialog hat gezeigt, wie viele engagierte Menschen es in sächsischen Orten gibt, wie kreativ Akteur:innen bei der Gestaltung ihrer Angebote sind und mit welcher Hingabe sie ihre Ziele verfolgen.

Zum Schluss lässt sich festhalten: Generationenarbeit unter dem Slogan „gegenseitig vertrauen, gegenseitig wahrnehmen, miteinander gestalten, voneinander profitieren“ kann Brücken zwischen Generationen bauen und so einen Beitrag zu einer zukunftsfähigen Gesellschaft leisten.

© Fotos von DKJS/J. Bartusch