Das erste gemeinsame Projekt: Aber wie?

Die Umsetzung eines ersten gemeinsamen Projektes ermöglicht es, gemeinsame Erfolgserlebnisse zu schaffen.

Damit dies gut gelingen kann, sollten einige Punkte beachtet werden:

Was wäre ein gutes erstes Projekt?

  • Ein Vorhaben statt mehrere parallele Vorhaben: Die Erfahrungen der Kommunen haben gezeigt, dass es günstig ist, mit einem Vorhaben statt mit mehreren gleichzeitig zu starten. Projekte sollten lieber nacheinander „abgearbeitet“ werden
  • Schnell und einfach umsetzbar: Als ein erstes gemeinsames Projekt sollten Vorhaben, Ideen und Wünsche ausgewählt werden, die möglichst schnell und einfach umgesetzt werden können. Es ist daher gut, gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen Ideen auszuwählen, die mit großer Sicherheit einfach umgesetzt werden können und keine rechtlichen oder behördlichen Schwierigkeiten bereiten. Erste Ergebnisse sollten schon innerhalb eines halben Jahres sichtbar sein. Dies ermöglicht für alle Beteiligten schnelle und sichtbare Erfolge und motiviert dazu, weiterhin zusammenzuarbeiten.
  • Sichtbare und schnelle Erfolge: Ein zeitlich überschaubares Projekt kommt der Handlungsweise von Kindern und Jugendlichen sehr entgegen. Wenn Kinder und Jugendliche sich beteiligen, wollen sie auch möglichst selbst einen Nutzen davon haben und nicht nur etwas für die nachfolgende Generation schaffen. Mit der projektorientierten Beteiligung können ohne eine langfristige Bindung schnelle und sichtbare Erfolge herbeigeführt werden. Verzögerungen und langsame Prozesse führen dagegen eher zu Ungeduld und Unzufriedenheit auf allen Seiten.

An den Wünschen der Kinder und Jugendlichen orientiert: Engagement ist leichter, wenn damit eigene Wünsche und Interessen realisiert werden können. Ein Projekt sollte sich daher direkt aus den Ideen und Wünschen der Kinder und Jugendlichen ableiten lassen und nicht einen Wunsch oder eine Idee der Erwachsenen darstellen. Die Erfahrung zeigt, dass solche „aufgesetzten“ Wünsche wenig erfolgsversprechend sind und es häufig am Engagement der Kinder und Jugendlichen fehlt, an etwas mitzuwirken, was für ihre Lebenswelt nicht relevant ist.

  • Aktive Mitwirkung: Um Beteiligung umzusetzen, braucht es Projekte, bei denen die Kinder und Jugendlichen aktiv mitwirken können. Bei Vorhaben, die behördliche Wege durchlaufen müssen oder bei denen einfach nur Geld ausgegeben wird, sind die Mitwirkungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen eher gering. Bei solchen Projekten kann schnell die Motivation verloren gehen. Ein hoher aktiver Anteil sowie ein hoher Grad an Entscheidungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten in Abhängigkeit vom Alter der Kinder und Jugendlichen, sind dagegen von Vorteil.
  • Generationsübergreifend: Günstig ist es, wenn bereits bei der Umsetzung des ersten Projekts viele verschiedene Akteure aus der Kommune mit vertreten sind. Häufig ergibt sich automatisch eine generationsübergreifende Beteiligung. Dies ermöglicht neben dem gegenseitigen Kennenlernen unterschiedlicher Generationen auch den Aufbau von Verständnis und Interesse füreinander.

Merkmale eines ersten Projekts:

  • ein Vorhaben statt viele parallele Vorhaben
  • schnell und einfach umsetzbar
  • an den Wünschen der Kinder und Jugendlichen orientiert
  • viel Eigenaktivität der Kinder und Jugendlichen ist möglich
  • generationsübergreifend, unter der Beteiligung vieler verschiedener Akteure in der Kommune

Letztendlich begeistert ein gutes Projekt, macht Spaß und ist spannend. Es beteiligt möglichst viele, schließt niemanden aus und ist von Jugendlichen für Jugendliche. Es ist nicht zu anstrengend und wird in der geplanten Zeit fertig, kann aber auch weitergeführt werden.

Beispielhafte Projekte, die sich bewährt haben und schnell umsetzbar sind, sind beispielsweise Vorhaben bei denen Kinder und Jugendliche Orte oder Räume für sich (wieder-)erobern, wie z.B. die Gestaltung/Umgestaltung von Jugendräumen, die „Wiederbelebung“ einer Skateranlage, oder von Trekkingpfaden oder Sitzbänken usw. Aber auch mit Kino-Projekten, Fahrrad- und Mopedwerkstätten hat die DKJS gute Erfahrungen in der Umsetzung gemacht.

Wie kann das erste Beteiligungsprojekt gut gelingen?

  • Eigene Interessen zurückstellen und Entwicklungen „aushalten“:
    Damit Beteiligung gut gelingen kann, braucht es Erwachsene, die diese zulassen. Das bedeutet gleichzeitig, dass die Erwachsenen ihre eigenen Interessen und bestimmte Abläufe über eine gewisse Zeit „aushalten“ müssen, auch wenn sie es besser wissen oder eine andere Vorgehensweise bevorzugen würden. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn die Kinder und Jugendlichen aus Sicht der Erwachsenen zur Umsetzung des Projekts ganz anders Vorgehen oder die Ergebnisse anders aussehen, als sich die Erwachsenen diese vorgestellt haben. Häufig ist das eine zunächst ungewöhnliche Erfahrung für Erwachsene, ermöglicht es aber auch, die eigene Sicht auf Kinder und Jugendliche weiter zu entwickeln.
  • Begleiten und unterstützen statt (ein)fordern:
    Die erwachsenen Unterstützer sollten sich als Begleiter und verbindliche Ansprechpartner für die Kinder und Jugendlichen verstehen. Vieles kann von den Kindern und Jugendlichen selbst aktiv umgesetzt werden, manches können die Kinder und Jugendlichen jedoch nicht selbst regeln (z.B. behördliche Angelegenheiten). Die Aufgabe der Erwachsenen ist es, aufmerksam zu beobachten, an welcher Stelle die Kinder und Jugendlichen Begleitung oder Unterstützung benötigen. Gleichzeitig sollten Erwachsene keine Ansprüche in der in der Form: „Wenn ich euch hier unterstütze, dann möchte ich aber auch, dass ihr …“ und keine Gegenleistung erwarten.
  • Vertrauensvorschuss schafft Motivation:
    Den Kindern und Jugendlichen sollte die Umsetzung des Projekts zugetraut werden. Dies beinhaltet ein Vertrauen in die Fähigkeiten und das Engagement der Kinder und Jugendlichen. So ein Vertrauensvorschuss ermöglicht bei den Kindern und Jugendlichen den Effekt, dass sie sagen „Wenn die glauben, dass wir es schaffen, dann schaffen wir das auch und zeigen, wie gut wir das können“.
  • Im Austausch bleiben:
    Bei der Umsetzung des Projekts ist es wichtig, den Austausch von Informationen zwischen Kindern, Jugendlichen und dem Unterstützernetzwerk aufrecht zu erhalten. Die Erfahrungen zeigen, dass sich hierfür die Nutzung sozialer Netzwerke gut eignet.
  • Austausch mit anderen:
    Darüber hinaus ist es sinnvoll, wenn eine Vernetzung mit anderen Kommunen stattfindet, die ähnliche Projekte durchführen, um voneinander zu lernen und Erfahrungen weiterzugeben.
  • Öffentlichkeitsarbeit:
    Damit die Umsetzung und die Ergebnisse von Beteiligung in der Kommune sichtbar werden, ist es wichtig, die Umsetzung des Projekts öffentlich zu machen. Die Öffentlichkeitsarbeit kann z.B. über die üblichen Informationskanäle (Amtsblatt, Schwarzes Brett, etc.) aber auch über soziale Netzwerke und Blogs stattfinden. Häufig haben Kinder und Jugendliche selbst gute Ideen und Vorstellungen davon, wie man Öffentlichkeitsarbeit betreiben bzw. wer sie gut dabei unterstützen kann.

Was mache ich, wenn das Projekt scheitert?

  • Zielklarheit:
    Häufig gibt es unterschiedliche Vorstellungen bei den Kindern und Jugendlichen und den Erwachsenen darüber, was den Projekterfolg ausmacht. Dazu müssen sich die Erwachsenen und die Kinder und Jugendlichen über ihre Ziele und Erwartungen an das Projekt im Klaren sein. Zudem sollten die Ziele des Projekts kleinteilig und realistisch gesetzt sein. Erwachsene sollten ihre Erwartungen nicht zu hochstecken. Ein Ziel kann es z.B. sein, mit den Jugendlichen im Ort in Kontakt zu kommen, nach deren Wünschen zu fragen und Möglichkeiten der Beteiligung anzubieten. Des Weiteren ist es günstig im Voraus für sich festzustellen, wie gravierend es wäre, wenn das Ziel eines Projektes nicht erreicht wird.
  • Rechtzeitige Unterstützung:
    Sollte sich während des Projekts zeigen, dass die Kinder und Jugendlichen ihre Ziele nicht erreichen, sollte ihnen frühzeitig von den Erwachsenen Unterstützung angeboten werden. Häufig gibt es gute Gründe, warum Ziele nicht erreicht werden, z.B. wenn ein Teil der Jugendlichen das Interesse verliert oder die Zeit zu knapp bemessen ist. Versuchen Sie gemeinsam mit den Jugendlichen festzustellen, woran es gelegen hat, was man beim nächsten Mal besser machen kann, bzw. wie die Jugendlichen weiterhin auf ihrem Weg unterstützt werden können.
  • Fehlerkultur:
    Letztendlich können Erwachsene beim Umgang mit Misserfolgen ein wesentliches Zeichen für die Kinder und Jugendlichen und auch die Erwachsenen in der Kommune setzen. So kann aufgezeigt werden, dass es eben nicht wichtig ist, möglichst keine Fehler zu machen, sondern eher, wie man mit diesen umgeht. Eine konstruktive und wertschätzende Fehlerkultur ist eine wesentliche Voraussetzung für Engagement in einer Kommune.

Welche Möglichkeiten der zeit- und ortsunabhängigen Beteiligung gibt es?

Beteiligung kann auch zeit- und ortsunabhängig stattfinden. Dies ist vor allem dann von Vorteil, wenn Jugendliche z.B. aufgrund nicht vorhandener Bildungseinrichtungen wenig Zeit in der Kommune verbringen oder wenn junge Erwachsene für den weiteren Bildungs- oder Berufsweg aus der Kommune wegziehen. Um im Kontakt zu bleiben und auch eine weitere Mitwirkung zu ermöglichen, gibt es verschiedene Möglichkeiten.

Die Erfahrungen der DKJS haben gezeigt, dass das Aufstellen von Briefkästen oder von Tafeln mit Kreide bzw. einem „Schwarzem Brett“ geeignete Mittel sind, um Informationen miteinander auszutauschen. Zudem können die Einrichtung einer Bürgermeistersprechstunde oder ein Jugendstammtisch Angebote für Beteiligung sein. Auch online-basierte Beteiligungsmöglichkeiten, wie Webseiten, WhatsApp-Gruppen u.a., können zum Austausch genutzt werden.

Insgesamt bietet eine zeit- und auch ortsunabhängige Beteiligung viel mehr Akteuren die Möglichkeit, sich zu beteiligen. Dadurch kann eine Verbindung der Kommune zu den Jugendlichen aufrechterhalten werden.

Welche Ressourcen braucht es für die projektorientierte Beteiligung?

Um Beteiligungsprojekte umzusetzen, braucht es motivierte Mitwirkende – Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die gemeinsam ein Projekt umsetzen wollen. Diese bringen dafür vor allen Dingen Zeit auf. Damit dieser Aufwand für die einzelnen Beteiligten in einem angemessenen Rahmen bleibt, ist es sinnvoll, die Aufgaben auf „verschiedenen Schultern“ zu verteilen.

Zudem sollte geprüft werden, ob punktuell weitere Unterstützer aus der Kommune gewonnen werden können, die z.B. Material, Geräte usw. beisteuern.

Für die Umsetzung von Beteiligungsprojekten ist es hilfreich, auch auf finanzielle Mittel zurückgreifen zu können. So könnten z.B. Mittel im Haushalt eigens für Beteiligungsprojekte bereitgestellt werden.
Darüber hinaus zeigen die Erfahrungen der DKJS, dass es günstig ist, fachliche Ansprechpartner zum Thema Jugendbeteiligung zu haben und Personen, die z.B. eine Steuerungsgruppe moderieren. Hier haben sich externe Personen aufgrund ihrer Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit bewährt.

Ressourcen für projektorientierte Beteiligung:

  • Motivation der mitwirkenden Kinder, Jugendlichen, Erwachsenen
  • Zeit der einzelnen Akteure
  • Vernetzung der Akteure innerhalb der Kommune
  • externe fachliche Begleiter bzw. Moderatoren