„Nur die harten bauen ’nen Garten“

„Bei der Frage, welche Rahmenbedingungen gegeben sein müssten, damit die Jugendlichen Lust haben, sich einzubringen und das Gefühl haben, etwas bewirken zu können, ist die am häufigsten genannte Bedingung, dass andere mitmachen. […] Neben Mitstreiter*innen sind Vorbilder, die begeistern, wichtig. Viele Jugendliche erklären, dass sie zunächst im Nahumfeld mit ihrem Engagement starten und dieses bei Erfolg ausweiten würden.“

2024: Calmbach et al.; Wie ticken Jugendliche? SINUS-Jugendstudie 2024 ; S. 380

Jugendclub in Räckelwitz „tanzt auf vielen Hochzeiten“

Was eher eine scherzhafte Redewendung ist, stellt sich in dem hübschen sorbischen Dorf östlich von Kamenz nicht als so abwegig dar. Der Gedanke kam mir als mein zweiter Besuch auf Grund eines Polterabends verschoben wurde. Tradition und Miteinander werden in Räckelwitz hochgehalten – so wie in allen Dörfern des obersorbischen Siedlungsgebiets. Und das wissen und leben die rund 20 Jugendlichen in dem von ihnen selbst aufgepeppten Treffs auch! Alles ist fußläufig – Parkteich mit Herrenhaus, Schule, Kita, Sporthalle, Kirche … und am Rand des Ensembles der bungalow-artige Jugendclub.

Hoch vom Sofa! und rund um den Club werkeln

Die jungen Menschen hier können sich auf die Unterstützung aus dem Dorf verlassen – Bürgermeister, Nachbarn, Bekannte und Verwandte – Alle halten zusammen und geben jeder Generation Raum. Als ein Räckelwitzer Verein über SIMUL+ Förderung das Teichinsel-Areal zur kreativen Kulturwelt ausbaute, war der Jugendclub helfend dabei. Und an den dekorativen Graffitis am Jugendclub oder den Stromhäuschen des Dorfs zeigt sich, dass Kreativität nicht auf einen Ort begrenzt sein muss.

Graffiti - Landkarte mit sorbischen Jugendclubs und ihren Logos
Graffiti: Karte sorbischer Jugendclubs der Umgebung

Genauso einfallsreich war in diesem Jahr das, was die junge „Hoch vom Sofa!“ – Crew für sich selbst auf die Beine stellte. Mit dem 2024er-Projekt wird jetzt jeder Quadratmeter des Außengeländes genutzt und es fand sogar eine vom Bürgermeister genehmigte Erweiterung statt. Ein überdachter Grillplatz entstand, gesäumt von einer Reihe junger Bäumchen und einer frisch gepflanzten Hecke. Mottos haben die jungen Räckelwitzer viele. In diesem Fall war die Losung: „Bäume statt Beton“ – „…ist ja auch umweltgerechter und schicker“, so die einhellige Meinung. Dass, wenn es um „gepflanztes“ Leben im Projekt geht, sich neue Herausforderungen auftun, weiß Lukaz zu berichten:

frisch gepflanzter Baum

„Wir haben Arbeitseinsätze, bei denen das Wetter wichtig ist. Manches mussten wir neu setzen, da es zu trocken war. Anderes war an Tagen mit Starkregen eine dreckig-schlammige Angelegenheit. Solche Tage haben wir irgendwie immer wieder mit drin. Aber am Ende steht alles und das ist entscheidend“.

Die praktischen Berufsausbildungen kommen den JC-Mitgliedern dabei gut zu pass. Von Tim, dem „Pflasterer“ bis Matu, dem Elektriker sind so ziemlich alle Gewerke vertreten, die für einen Jugendclub-Ausbau von Vorteil sind. So klappt es, dass das Gelände hin zur „Wohlfühloase“ an einem Tag fertig gepflastert war oder dass große Maschinen zum Einsatz kommen konnten, die den Zeitanteil beim Frostschutz-Einsatz halbierten.

Ein Gartenfest – ist doch klar!

„Hey! Ihr von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung wolltet doch Mottos für neue Programm-Interessenten.“, fällt Gabriel ein und schmunzelt. „Wie wärs mit „Nur die Harten bauen ´nen Garten““. Alle lachen.

Während Julius noch schnell die Hecke wässert, kommen wir auf den Projektabschluss zu sprechen. Naheliegend ist hier eine Veranstaltung, die dem Thema gerecht wird – ein Gartenfest. Und wie es sich für „echte“ Räckelwitzer gehört, ist das nicht nur so eine Sache unter Clubmitgliedern. Alle Unterstützer: innen und Partner:innen waren eingeladen. Somit war wieder der halbe Ort präsent. Warum? Ein Beispiel: Um die doch etwas teurer gewordene Aktion zu finanzieren, wurde eine Spendenkampagne über „gofoundme“ organisiert. Innerhalb von 24 Stunden kam ein vierstelliger Betrag zusammen. Einiges ging online ein, anderes wiederum wurde den Jugendlichen bar in die Hand gedrückt. Ob das die Oma über den Gartenzaun war oder der Nachbar, der gerade einen Spaziergang am Jugendclub vorbei machte. Sich gegenseitig zu unterstützen ist hier selbstverständlich…

…und sollte überall selbstverständlich sein!