„Unser eigener Partykeller“ ist eines von 26 Jugendbeteiligungsprojekten, die 2020 – mitten in der Corona-Krise – mit der Unterstützung der DKJS realisiert wurde. Torsten Kluge, Projektbegleiter bei Hoch vom Sofa! und früher selbst engagierter Jugendlicher im Jugendclub berichtet über die jüngste Generation dieses jugendkultur-historischen Hauses in Bühlau.

Arbeitseinsätze in Kleingruppen als Wirkstoff im „Lockdown“ der Jugendtreffs

Etwas fotoscheu sind sie schon und Bilder lassen sie ungern von sich machen. Das hat nichts mit Eitelkeiten zu tun, eher mit der Selbstverständlichkeit, mit der sie IHREN Club „bearbeiten“.

„Das ist schon immer so!“, meint Clubchef Toni, gerade dabei, Elektrokabel über Balken und Lattungen der neuen Toilettenräume zu manövrieren. „Viele bringen sich hier ein und erwarten nicht die große Aufmerksamkeit! Einige sind hier hunderte Freizeitstunden am werkeln. Klar könnten ein paar mehr noch mitmachen, aber die die dabei sind, bilden eine echt zusammengeschweißte Truppe. Darauf bin ich stolz!“ .

Ich weiß, was er meint. Ist es doch auch der Club, in dem ich „aufgewachsen“ bin und der in mir wahrscheinlich den Wunsch verstärkt hat, einmal als Jugendsozialarbeiter für viele Treffs, Räume und Clubs in Ostsachsen unterstützend zu wirken. Diese Erfahrungen binden mich, wie viele, die Ähnliches erlebt haben, an die Heimat und Loslassen gibt es da irgendwie nicht. Vielleicht ist es auch dieses alte Fachwerkhaus in der Dorfmitte mit seinem denkmalgeschützten Charme, das für so viele Überraschungen gut war, und seit fast 30 Jahren jungen Menschen aus Bühlau und den umgebenden Orten ein fester Treff geworden ist. Das gibt es nicht oft – ein ganzes Haus mit drei Etagen, wo die Gemeindeverwaltung den Jugendlichen alle Freiräume gibt, alles nach ihren Wünschen auszubauen. Der Jugendclub Bühlau (seit 1996 e. V.) dankt es ihnen als Organisator vieler Dorfevents für Jung und Alt. Aber bevor ich jetzt nostalgisch werde: das Jahr 2020 und die sicher schon siebente JC-Generation setzt neue Maßstäbe – trotz (oder gerade weil) Corona!

Was machen, wenn der Club für Wochen, ja Monate, nicht für richtig genutzt werden kann?

Na, Bauen! In kleinen Gruppen mit maximal drei bis vier Leuten. Denn anders geht ja nicht in COVID-Zeiten. Am Anfang stand da nur, den Sanitärtrakt mal modernen Ansprüchen gerecht werden zu lassen. Tausende Euro flossen und fließen in diesen Umbau. Zu stemmen war das nur mit nachbarschaftlicher Hilfe, mit Sponsoren- und Spendenaktionen im großen Maßstab sowie dem phänomenalen „Standing“, dass sich der Jugendclub über die Jahre im Ort verdient hat. Wurde früher alles kritisch beäugt, ist es heute eine Selbstverständlichkeit, dass der Jugendtreffpunkt eine fördernswerte Instanz in der Gemeine ist.JC Bühlau

Eine Chance für die (junge) Jugend

Das dem nicht überall so ist, lässt uns zum Hoch vom Sofa!-Projekt kommen:

Mit den neu gewonnenen Freiheiten im Kellergeschoß gibt es Platz genug, mehrere Jugendgenerationen unter ein Dach zu bekommen. Besonders für die 13- bis 16-Jährigen, die sich nicht so trauen, einen Raum mit Älteren zu teilen, die ganz andere Themen haben und gern auch mal unter sich sein wollen, ist es immer schwieriger Räume zu finden. Und so verband sich im Frühjahr der Wunsch der jüngsten Mitglieder im JC, einen eigenen Party-Raum für sich zu haben, mit der Anfrage einer Teenager-Gruppe aus dem benachbarten Großharthau. Dort gibt es keine überdachten Möglichkeiten zum Treffen. Und einige Monate im Jahr kann sich das sehr kalt und dunkel anfühlen. Sie taten sich zusammen, begründeten damit den U18-Partyraum – wenn man so will einen Jugendtreff im Jugendclub – und wurden Teil der Hoch vom Sofa!-Community 2020.

Dass der auf der Großbaustelle noch nicht fertig ist, frustriert dabei nicht. Ist doch die Vorfreude auf die eigenen „4 Wände“ hier das, was bei weitem überwiegt und motiviert. Zudem gibt es während der Arbeitseinsätze an allen Ecken genug Platz für ein Kennenlernen, ein Zusammenwachsen. Dabei mit entscheiden zu können, was wie gestaltet wird und was wohin kommt – für viele eine völlig neue Erfahrung. Letztendlich geht es doch nicht nur ums Bauen. Denn dazwischen „menschelt“ es und das tut gut in so kritischen Zeiten.

Wer übernimmt Verantwortung?

Wer haftet, wenn was passiert? Wer kümmert sich um die Jüngsten? Wie viel kann man ihnen selbst überlassen?

In vielen Dörfern wird heiß diskutiert, warum es einen Jugendtreff geben muss. Es werden lärmende, vermüllende oder grenzenlose Risiken diskutiert und die Potentiale gänzlich verdrängt.

Alles Neue und Ungewohnte ist mit vielen Unsicherheiten verbunden und klar wird es so eine Art „Probezeit“ brauchen, um alle zu überzeugen. Aber das vergangene halbe Jahr in Bühlau zeigt, wie sich ganz ohne Regulierungen und Richtlinien, mehr und mehr alles zusammenfügt und die Fragen sich klären. Damit beweisen die Bühlauer, dass es sich lohnt aufeinander zuzugehen – egal wie alt man ist. Einen Vertrauensvorschuss braucht es natürlich und ein miteinander reden. Es ist ein kleiner und doch so großer Beitrag für Offenheit und Toleranz.